Als katholische Seelsorgerinnen und Seelsorger im Gefängnis wirken wir mit am gesetzlichen Behandlungsauftrag im Verbund mit den verschiedenen Diensten einer Justizvollzugsanstalt. Wir helfen dem inhaftierten Menschen bei seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft und seinem Bemühen um ein straffreies Leben.

Ursprung  Grundlage

Unser Leitbild und unseren Auftrag im Besonderen erhalten wir jedoch vom Glauben an den biblischen Gott der Versöhnung und der Befreiung. Sein Wort „Ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht" (Mt 25, 36) ist Leitmotiv für unser Handeln. Wir besuchen Gefangene um ihrer selbst willen und nehmen sie unabhängig von Aktenlage und Straftat als Menschen wahr und an. Jeder Schuldige braucht zuerst die versöhnlichen Hände der anderen, der einzelnen und auch der Rechtsgemeinschaft und ihrer Institutionen, um in der Strafe nicht zu verhärten und neu beginnen zu können. Im Auftrag Jesu und seiner Kirche tragen wir bei zur Versöhnung des Täters mit sich selbst, mit seinen Mitmenschen und mit Gott. Diesen Versöhnungsgedanken halten wir im Bereich der Justiz, des Strafvollzuges und des öffentlichen Umganges mit Gefangenen und Strafentlassenen wach.

Gottesdienst und Dienst am Menschen

Gottesdienst und Menschendienst, Begleitung in Leben und Glauben gehören für uns eng zusammen.

Gotteserinnerung in Verkündigung und Sakrament ist Leben und ein wichtiger Baustein für eine Neuorientierung. Sie geschieht vor allem in Eucharistie und Beichte, im Seelsorgegespräch, in kirchlicher Gruppenarbeit, in der Auseinandersetzung mit Bildern und Botschaft der Heiligen Schrift mit ihrem Gottes- und Menschenbild, mit ihrem Zuspruch und Anspruch. Ebenso vermag das Gebet des Gefangenen in Gemeinschaft mit uns oder auch alleine bei langem Eingeschlossensein Trost, Kraft und Überlebenshilfe zu geben. Im Seelsorgealltag steht die Einzelbetreuung von Gefangenen in ihren jeweiligen persönlichen Nöten im Vordergrund. Dazu gehören partnerschaftliche und familiäre Probleme, Schuld- und Sinnfragen, materielle, soziale und seelische Anliegen. Un­verzichtbar ist dabei die seelsorgliche Schweigepflicht. Wichtig ist uns die Erreichbarkeit in besonderen Krisen und Notlagen sowohl für Gefangene als auch für Bedienstete.

Kirche und Staat

Möglichkeiten und Grenzen staatlichen und kirchlichen Zusammenwirkens im Vollzug sind durch die Verfassung, insbesondere durch das Strafvollzugsgesetz geregelt. Dieses unterstreicht sowohl das Zusammenarbeitsgebot unter Wahrung der seelsorglichen Schweigepflicht als auch die Autonomie von Kirche und Seelsorge im Vollzug. Es schafft somit Voraussetzungen für unsere Arbeit mit Menschen im Gefängnis. Letztlich auf den Grundlagen des grundgesetzlich gesicherten Rechtes auf freie Religionsausübung und auf Selbstbestimmung der Kirchen nehmen wir als vom Bischof bestellte haupt- und nebenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger diesen Anspruch wahr und gewährleisten den Gefangenen ihr Recht auf umfassende Seelsorge.

(Auszug aus dem Leitbild der Gefängnisseelsorge im Bistum Essen)